Media
Lambert Grijns
Dutch Ambassador Sexual and Reproductive Health and Rights, and Hiv and Aids:
“Preparations for AIDS2018 in Amsterdam are really taking off! I talk about it in an interview with Atlas2018. This is an ambitious and high quality project that aims to give people voice in the run up to AIDS2018. Look at their website and FB page, very inspiring stories from Zambia, Germany, Russia, Suriname, South Africa, the Netherlands and much more to come. We are honored to host AIDS2018 in the Netherlands and committed to making it an historic event.”
North Star Alliance
“Love this footage Atlas2018! You’ve certainly captured the strength of women in Africa facing HIV. Thank you all for spending a week with us in South Africa, what a pleasure to host you all and introduce you to our passionate team. Looking forward to AIDS Conference 2018 for the full reveal!”
DEUTSCHE AIDS HILFE
“Wir porträtieren Menschen, nicht Krankheiten”.
Mit “ATLAS2018” hat das niederländische Künstler- paar Erwin Kokkelkoren und Bert Oele ein Multime- diaprojekt ins Leben gerufen, in dem Menschen mit HIV aus der ganzen Welt in Porträts, persönlichen Geschichten, Videos und Bildern vorgestellt werden. Im Interview erzählt Erwin Kokkelkoren, was genau das Projekt will und wie man sich selbst einbringen kann.
Erwin, zusammen mit dem deinem Partner Bert betreibst du das Projekt “ATLAS2018”. Worum genau handelt es sich dabei?
“ATLAS2018 – I will speak, I will speak!” ist ein weltweites Projekt, mit dem wir Geschichten über HIV erzählen. Wir sammeln diese Geschichten und verbreiten sie in Form von Erzählungen, Fotos, Videos. Zum einen wollen wir damit die Community bestärken, wenn es darum geht, mit HIV zu leben. Wir wollen aber auch außerhalb der Community das Wissen über HIV verbessern, vor allem um die noch immer weit verbreitete Stigmatisierung abzubauen.
Wie kam es zu dem Projekt?
Das ist nicht unsere erste künstlerische Auseinandersetzung mit HIV. Wir wurden beide 1991 als HIV-positiv und Aids-Patienten diagnostiziert. Das heißt, wir leben nun schon seit 25 Jahren mit dem Virus. Und schon lange erzählen wir Geschichten über HIV und suchen dafür ein größtmögliches Publikum, sei es über Ausstellungen, Bücher, Fernsehen, soziale Medien usw. Vor sieben Jahren hatten wir ein großes, international viel beachtetes Projekt: “The Time There-After”. Darin haben wir 30 Jahre HIV und Aids in den Niederlanden dokumentiert – anhand 30 persönlicher Geschichten für jedes Jahr vom Beginn der Aids-Krise 1982 bis zum Jahr 2011. Auf der letzten Welt-Aids-Konferenz 2014 in Melbourne sind wir erneut mit vielen verschiedenen HIV-positiven Menschen in Kontakt gekommen. Und einmal mehr wurden die Statistiken für uns menschlich greifbar. Wir haben gemerkt, wie viel schwieriger es immer noch in weiten Teilen der Welt ist, den Alltag mit HIV zu meistern, zum Beispiel in Afrika oder Russland. Im Zuge der 2018 in Amsterdam anstehenden Welt-Aids-Konferenz wollten wir deshalb einen Beitrag leisten.
Was ist das Besondere an dem Projekt?
Wir wollen die menschliche Seite von HIV und Aids zeigen. Für uns bedeutet das, Menschen zu porträtieren und nicht Krankheiten. Wichtig ist uns dabei, Geschichten zu erzählen, die noch neu und unbekannt sind, zum Beispiel aus der Berliner Lederszene oder von “HelpingHand” in Frankfurt, ein Projekt für HIV-positive Migrant*innen. Darüber hinaus wollen wir aber nicht nur von Erfolgen berichten, sondern die Vielfalt des Lebens mit HIV weltweit darstellen. Deshalb porträtieren wir Männer und Frauen genauso wie Junge und Alte sowie Menschen verschiedener Herkunft und sexueller Orientierung. Neben den Betroffenen suchen wir zudem Gesprächspartner, die das größere Ganze im Blick haben und uns von der Situation in den Ländern vor Ort berichten können. So haben wir beispielsweise in Surinam mit dem Gesundheitsminister gesprochen, in Berlin mit Carsten Schatz, einem offen HIV-positiven Mitglied des Abgeordnetenhauses, oder mit Ulla Pape von der Radboud-Universität Nijmegen über die Umstände in Russland.
Das klingt nach viel Arbeit und einem größeren Team?
Es ist definitiv ein Vollzeitjob. Ich kümmere mich vornehmlich um die Interviews und Texte, Bert stemmt das Organisatorische. Außerdem haben wir mit Marjolein zum Beispiel noch eine Fotografin an Bord sowie Hans, Willem und Wilko, unsere Filmemacher – um nur einige Mitstreiter*innen zu nennen!
Welche Reaktionen bekommt ihr auf euer Projekt?
Das Feedback ist überraschend und inspirierend. Wenn man eine ganze Weile selbst mit HIV lebt, denkt man, man wüsste bereits alles darüber. Doch weit gefehlt. Es gibt so viel, was wir nicht wissen, zum Beispiel wie es sich anfühlt, in Russland HIV-positiv zu sein. Deshalb ist das auch für uns ein großes Lernprojekt. Es hat aber auch eine besondere Bedeutung für die Menschen, die ihre Geschichte mit uns teilen. Für viele ist es ein großer Schritt und zugleich ein großes Bedürfnis, sich zu öffnen und sich zu ihrer Geschichte zu bekennen, seien sie homosexuell, ehemalige Sexarbeiter*innen, Drogengebrauchende oder anderes. Wir verstehen unser Projekt dabei als einen sicheren Hafen: Jede*r teilt mit uns nur das, was er preisgeben will.
Kann man auch selbst mit seiner eigenen Geschichte zu “ATLAS2018” beitragen?
Unbedingt! Auf unserer Website haben wir ein “Open Podium” eingerichtet, um Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Geschichte mit uns zu teilen, zum Beispiel in Form eines kurzen Videos. Es können aber auch Fotos oder Texte sein. Wir freuen uns über jeden Beitrag, der hilft, unseren Atlas aufzubauen. Dabei machen wir keinerlei Vorgaben. Die einzige Bedingung ist, dass es um HIV gehen muss. Die Videos sollten nicht länger als anderthalb Minuten sein, am besten auf Englisch. Generell darf es gern auch etwas Lustiges oder Bewegendes sein.
Schon jetzt sieht man auf der Website eine Vielfalt von Menschen und Geschichten. Was magst du ganz besonders an dem Projekt?
Wir lieben den kreativen Ansatz. Unsere Erfahrung als Autoren und Performer bietet da viele Vorteile. Wir erschaffen und teilen Geschichten von Menschen, die etwas zu sagen haben und uns inspirieren. Am meisten gefallen mir deshalb auch all die wunderbaren Menschen, die ich durch das Projekt kennenlernen konnte – die verrückten, witzigen, starken, besonderen Menschen. Und ich mag es, etwas Kreatives zu erschaffen. Wir haben das Projekt mit einer Handvoll von Interessierten aus dem Nichts angefangen. Nun gibt es uns schon ein Jahr und es wächst und wächst. Das ist toll anzusehen.
Aus dem Nichts ist ein gutes Stichwort – wie finanziert ihr euch?
Die Finanzierung ist nicht einfach und ein anhaltender Kampf. Das Reisen und Filmen kostet ziemlich viel Geld. Derzeit werden wir von verschiedener Seite gesponsert: von Pharmaunternehmen, der niederländischen Regierung sowie kulturellen und privaten Spendern.
Ihr habt bereits Menschen aus Deutschland, Surinam und natürlich aus den Niederlanden porträtiert. Welche Ziele stehen als nächstes an?
Wir haben noch eine ganze Reihe von Ländern auf der Liste. Im April 2016 gehen wir nach Sambia, im Juli nach Südafrika und Botswana. Ende dieses und Anfang kommenden Jahres wollen wir nach Russland und Südostasien, das heißt Kambodscha, Indonesien, Thailand und Birma. In der ersten Jahreshälfte 2017 geht es hoffentlich nach Kasachstan, Georgien und den Kaukasus, Ende 2017 dann noch in die USA. Und es stehen noch einige Ziele mehr auf unserer Wunschliste.
Mit der Welt-Aids-Konferenz 2018 in Amsterdam soll das Projekt enden. Wie und warum?
Wie man auf der Website sehen kann, gehen alle unsere Geschichten online, sobald sie fertig sind. Das heißt, wir wachsen Tag für Tag. Die Konferenz wird dann den krönenden Abschluss bilden. Wir werden unser Projekt dort vorstellen, ein Buch mit den Geschichten veröffentlichen und eine Ausstellung mit den entstandenen fotografischen Arbeiten zeigen. Außerdem arbeiten wir mit einem großen Dokumentarfilm-Produzenten an einer 50-minütigen Serie über HIV in Russland, dem Kaukasus und anderen ehemaligen Sowjetregionen, die Schwerpunktthema auf der Konferenz sein werden. Wir hoffen, dass die Dokumentation kurz vorher im Fernsehen zu sehen ist. Und ja, mit der Konferenz ist das Projekt vorbei. Das ist wie mit einem Satz: Er ist stärker, wenn er einen Punkt am Ende hat. Deshalb ist es richtig, dass auch “ATLAS2018” ein klares Ende hat. Danach werden wir neue, andere Projekte beginnen…
Herzlichen Dank für das aufschlussreiche Gespräch – und viel Erfolg noch!
Das Interview führte Stephan Kolbe